Ist eine Strahlenbelastung durch radiologische Diagnostik ursächlich für die Entstehung von Hirntumoren?

In einer großen internationalen Interphone-Studie* mit fast 6.000 Patient:innen aus 13 Ländern, verglich man die Strahlenexposition bei Patient:innen mit nachgewiesenen Hirntumoren mit über 6.000 Kontrollpersonen, die im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Wohnort mit dem Patient:innen-Kollektiv übereinstimmten. Für die Personen mit Hirntumoren wurde die Strahlenbelastung des Kopfes durch bildgebende Diagnostik berechnet, die mindestens fünf Jahre vor der Tumordiagnose durchgeführt worden war.
Ein statistisch einwandfreier Nachweis zwischen der Höhe der Strahlenexpositionen durch vorangegangene radiologische Untersuchungen für Gliome, Meningeome und Akustikusneurinome war nicht erkennbar. Das stellte sich auch als richtig heraus, da die in der Strahlenexposition führenden Untersuchungen, wie die Schädel-Computertomographie oder die cerebrale Angiographie, noch einmal gesondert analysiert wurden.

 

Auftreten von Meningeomen:

Dosiswirkbeziehung bei nuklearmedizinischer Diagnostik nachweisbar

 

Für Meningeome konnte allerdings gezeigt werden, dass eine geringe Risikoerhöhung für das Auftreten dieses gutartigen Tumors bei fünf und mehr Schädelaufnahmen zu sehen war. Ein direkt dosisabhängiger Trend war jedoch nicht erkennbar. Eine Dosiswirkungsbeziehung hinsichtlich des Auftretens von Meningeomen konnte jedoch für die nuklearmedizinische Diagnostik nachgewiesen werden:

 

  • Nach zwei Untersuchungen mit Radioisotopen steigt das Risiko um 62 %,
  • bei drei und mehr derartigen Untersuchungen um mindestens 117 %.

 

Auch hier war eine Überlappung der Konfidenzintervalle zu erkennen.
Die Autoren schlussfolgern, dass kein erhöhtes Risiko für die Entstehung von bösartigen Hirntumoren in Verbindung mit radiologischer Diagnostik nachweisbar ist. Ausgenommen das Entstehen von gutartigen Tumoren – Meningeomen – durch wiederholte nuklearmedizinische Untersuchungen.

 

Einschränkungen der Studie:

 

  • die Dosisberechnung stütze sich auf die Erinnerungen von Patient:innen an stattgehabte Untersuchung,
  • die nuklearmedizinische Gehirn-Untersuchung und die eingesetzten Isotope und ihre Dosis wurden nicht näher spezifiziert.

 

*(Auvinen A. et al, Int. Journal of Epidemiology 2021; https://doi.org.10.1093/ije/dyab140)

Vorteile einer CT-Angiographie für Patient:innen mit langsam progredientem Schlaganfall

In einer Untersuchung* von 31 Patient:innen, die einen langsam progredienten Apoplex hatten und eine CT-Angiographie erhielten, konnten die Autoren zeigen, dass bei einer im KM-CT gut sichtbaren Kollateralisierung, die Progression des Infarktareales bei einem Gefäßhauptstammverschluss wesentlich langsamer war als bei einem Vergleichskollektiv. Die Größe des Infarktareales wurde 24 Stunden nach der CT-Angiographie mittels MR verifiziert. Daraus lässt sich ableiten, dass Patient:innen mit diesen CT-Befunden auch noch nach mehr als 24 Stunden nach dem initialen Schlaganfallereignis von einer Spätintervention mit der Entfernung des Thrombus profitieren können.

Einsatz von KI birgt viele Vorteile

 

Große Chancen sehen die Autoren in dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz zur Auswertung der CT-Angiographie. So könnten viele Patient:innen einer, ihren späteren Gesundheitszustand signifikant verbessernden, Therapie zugeführt werden. Das gilt insbesondere für deren Behandlung in Kliniken, die weder über eine spezialisierte Schlaganfallambulanz noch über die entsprechende Kompetenz in der Auswertung von CT-Angiographie verfügen, jedoch eine entsprechende CT-Untersuchung durchführen können.


 *(Mass. Gen. Hospital, Regenhardt,R. et al, Radiology, Nov 2021, https://doi.org.10.1148/radiol.2021210455 online publ.)

Zukunftstrends in der Interventionellen Radiologie

In einer sehr guten Zusammenfassung hat *Dieter Enzmann den aktuellen Status und die potentiellen zukünftigen Entwicklungen der Interventionellen Radiologie dargestellt. Er geht davon aus, dass sich die Interventionelle Radiologie zukünftig stärker von anderen Behandlungsgebieten sowie auch von anderen Aspekten der diagnostischen Radiologie abheben wird. Als Gründe für eine Differenzierung führt er auf, dass

 

  • interventionelle Maßnahmen spezielle Kenntnisse und
  • neue Verfahren in der Bildgebung sowie
  • den Erwerb technischer Behandlungskompetenzen

 

für die dann fokussierten Anwendungen notwendig machen.

Enzmann fordert eine klare konzeptionelle Trennung zwischen diagnostischer und Interventioneller Radiologie. Damit verbunden plädiert er für eine Subspezialisierung in der Interventionellen therapeutischen Radiologie mit, für diesen Bereich, angepassten neuen Untersuchungstechniken und Behandlungsmethoden.

 

Der Autor geht davon aus, dass zukünftig spezielle Geräte für den Anwendungsbereich der therapeutischen Interventionellen Radiologie entwickelt werden. Die Integration multimodaler Bildgebung sowie entsprechend eingesetzte IT-Technologien hält er für obligat.

 

*(Enzmann D. Trends that Impact IR’s Future. Fortschr Röntgenstr 2022; 194: 21 – 28)